Die seit einigen Jahren rasant wachsenden Informations- und Kommunikationsangebote dank digitaler Technologien durchdringen den Alltag der Menschen in der modernen Gesellschaft zunehmend. In der Untersuchung der Internetnutzung von Personen in privaten Haushalten zeigt sich die Nutzungsvielfalt sowohl in Bezug auf Endgeräte als auch auf die Internetaktivitäten zu privaten Zwecken. Mittlerweile haben die Nutzerinnen und Nutzer die Wahl zwischen Desktop-PC, Laptop, Netbook, Tablet-PC, Handy und Smartphone für den Zugriff auf Informations- und Kommunikationsangebote mit unterschiedlichen Betriebssystemen, Programmen und Applikationen.
Der drahtlose Internetzugang ist möglich über GPRS, UMTS, HSDPA, WiMax, WLAN oder WiFi-Hotspot, wie in der Studie nachgefragt. Ist der passende Internetdienstleister gefunden und ausgewählt, der Tarif für die Internetnutzung dem Haushaltseinkommen entsprechend ermittelt und schließlich der Vertrag unterschrieben, steht der Nutzung digitaler Dienste nichts mehr im Wege.
Für 73,3 % der deutschen Bevölkerung, die inzwischen online sind, ist dies Teil des alltäglichen Umgangs mit digitalen Diensten und wird mehr oder weniger nicht hinterfragt. Wie stellt sich das aus der Perspektive der im Internet am stärksten unterrepräsentierten Gruppe der Frauen über 70 Jahren dar, die nur zu 9,1 % das Internet nutzen gegenüber Männern der gleichen Altersgruppe, die immerhin zu 29,8 % online sind? Obwohl die Diskussion um den digitalen Graben in Deutschland seit mehr als zehn Jahren geführt wird, ist es noch immer nicht in umfassender Weise gelungen, Ältere und hierbei insbesondere die älteren Frauen in die digitale Gesellschaft mitzunehmen.
Medienkompetenz in der digitalen Gesellschaft
Nach Jarren/Wassmer hat ein medienkompetentes Individuum heute unterschiedlichste Qualifikationen aufzuweisen: Von der fundamentalen Fähigkeit, einen Text lesen und verstehen zu können bis zur Vermittlung von technischem Programmierwissen; von der Fähigkeit, auf Facebook ein Benutzerkonto einzurichten bis zur kritischen Hinterfragung ökonomischer Strukturen der Medien. Die Spannbreite der Fertigkeiten und Fähigkeiten eines medienkompetenten Menschen ist heutzutage enorm groß. Das Modell von Medienkompetenz nach Jarren/Wassmer beinhaltet drei Dimensionen:
- Instrumentelle Medienkompetenz: Fähigkeit, Medien zur Befriedigung eigener Bedürfnisse nutzen zu können sowie sich zugleich als vollwertiges Mitglied in die Mediengesellschaft einzubringen, d. h. an der Ausgestaltung von Mediensystemen mitwirken zu können (Sachkompetenz),
- Reflexive Medienkompetenz: Fähigkeit, die eigene Medienrezeption und die damit verbundenen Konsequenzen selbstkritisch zu hinterfragen (Selbstkompetenz)
- Vermittlungskompetenz: Fähigkeit, Medienkompetenz aktiv an Dritte (Individuen, Gruppen, Organisationen) vermitteln zu können (Sozialkompetenz).
Medienkompetenz hat an Komplexität deutlich zugenommen. Es stellt sich die Frage, wie sich der Erwerb von Medienkompetenz in seinen Dimensionen bildungs- und gesellschaftspolitisch gestaltet.
Lebenslanges Lernen als Chance und Forderung
Mit dem Konzept des Lebenslangen Lernens soll das Individuum befähigt werden, ein Leben lang zu lernen, sich selbstgesteuert Wissen anzueignen und dadurch mit den sich verändernden Entwicklungen – hier der Mediatisierung der Alltags- und Lebenswelt – Schritt halten zu können. So wird Medien- oder auch Informationskompetenz in einem umfassenderen Sinn zu einer Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts und gilt als notwendige Voraussetzung für soziale Handlungsfähigkeit und gesellschaftliche Teilhabe . „Jeder ist gefordert, sein persönliches Wissen und seine Kompetenzen bedarfsgerecht und individuell weiterzuentwickeln.“ Kritik am Konzept des Lebenslangen Lernens besteht im Kontext der ökonomischen Verwertbarkeit des Lernens: Wer die Bereitschaft dazu nicht hat oder es nicht schafft, „ist selbst schuld.“
Dies kann einen Hinweis darauf geben, weshalb in Deutschland der Prozentsatz der Nichtnutzerinnen und -nutzer mit 26,7 im europäischen Vergleich im Mittelfeld liegt. Die kompetente Aneignung von Medien- und Informationskompetenz ist individualisiert, sozusagen jedem selbst überlassen. Die bildungspolitischen Forderungen des medienpädagogischen Kongresses 2011 der Initiative „Keine Bildung ohne Medien“ beinhalten folgerichtig die Notwendigkeit einer strukturell verankerten, grundlegenden Medienbildung.
Dies richtet sich zunächst an Heranwachsende sowohl in schulischen als auch außerschulischen Institutionen im Feld der frühkindlichen Bildung und der Jugendarbeit und -bildung. Aber auch für Erwachsene sind medienpädagogische Angebote als Grundbildung und permanente Weiterentwicklung der individuellen Medienkompetenz strukturell so zu verankern, dass sie einen festen Stellenwert im Alltag von Menschen in modernen Gesellschaften haben. Nur so bleiben sie handlungsfähige Subjekte in der digitalen Gesellschaft und können ihren Aufgaben im mediatisierten Alltag als Eltern, Großeltern, Berufstätige, wirtschaftlich und politisch handelnde Bürgerinnen und Bürger gerecht werden. Die Aneignung und Weiterentwicklung von Medienkompetenz bleibt also in der schulischen und beruflichen Bildung, der Fort- und Weiterbildung, der Hochschulbildung sowie in der Erwachsenen- und Seniorenbildung eine ständige Aufgabe und Herausforderung. Vor dem Hintergrund, dass etwa 70 % aller Lernprozesse außerhalb von Bildungsinstitutionen stattfinden, sind darüber hinausgehende Strukturen für informelle Lernprozesse mitzudenken und in Konzepte zur Medienbildung einzubeziehen.